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Architekten, werdet endlich aktiv: Ein Appell von DGNB Vizepräsident Martin Haas

DGNB Vizepräsident Martin Haas

Liebe Kollegen, wir sind nicht mehr nur Architekten, die den Wünschen eines Bauherrn und unseren eigenen formalen Vorstellungen folgen. Wir sind Gestalter einer Gesellschaft, welche im Einklang mit den Bedürfnissen einer um Ressourcen bedachten Zukunft steht. Dabei ist in einer verdichteten, vernetzten und digitalen Welt ein Gebäude kein Einzelobjekt mehr, sondern Bestandteil des großen Ganzen!

Was heißt das nun für uns als Architekten? Die erste Frage, die sich uns stellen muss, ist: Lohnt sich überhaupt der ressourcenverbrauchende Aufwand, um dieses Haus zu errichten? Und wir müssen uns selbst damit auseinandersetzen, ob wir unserer Pflicht nachkommen, auch den Bauherrn kritisch zu hinterfragen: Genügt sein Gebäude den Anforderungen an einen angemessenen Flächenverbrauch, an ein die Gesellschaft bereicherndes Element?

Lohnt es sich noch Bürogebäude zu planen, wenn die Anforderungen an unsere Lebensumwelt längst nicht mehr den getrennten Schubladen von Arbeiten und Wohnen entsprechen und wir eigentlich nur menschengerechte Lebensräume schaffen sollten? Bedenken wir die Nutzungsphase und den Rückbau des Gebäudes in dem Maß, in dem diese Aspekte bedacht werden müssen? Besitzen wir hierfür überhaupt das erforderliche Wissen?

Haben Architekten passende Antworten auf die großen Zukunftsfragen?

Wir dürfen nicht der Eitelkeit verfallen, dass wir alles wissen oder wir alleine die Lösung zu den Fragen der Zukunft beantworten können. Wir müssen erkennen, dass es viele gute Instrumente und Institutionen gibt, die uns dabei helfen, und dass es auch unsere Verantwortung sein sollte, daran gemeinsam zu arbeiten.

Gerade das Gemeinsame steht bei der DGNB im Vordergrund. Seit 10 Jahren arbeiten die Mitglieder der DGNB daran, das Gelernte und die zukünftigen Anforderungen zu formulieren und über ihr Zertifizierungssystem in die breite Anwendung zu bringen. Genau diese Breite der Anwendung wird der DGNB insbesondere aus der Architektenschaft immer wieder vorgeworfen.

Plädoyer für Offenheit und Miteinander

Wir müssen die Prozesse der Planung, der Errichtung und der Nutzung von Gebäuden aus ihrem starren Korsett eines Planungsrechts befreien, welches größtenteils noch aus dem 20. Jahrhundert stammt, indem wir gemeinsam mit den Kammern, den Verbänden und unseren Kollegen auf eine Veränderung hinwirken.

Hierfür sollten auch Instrumente wie das DGNB System als Unterstützung und nicht Bedrohung verwendet werden, um das Geleistete auch transparent und nachvollziehbar zu machen. Soviel sollten wir doch von der Automobilindustrie lernen, dass man mit Selbstdeklarationen und Eigenbewertungen keine Glaubwürdigkeit für die Branche schafft!

Es genügt nicht nur über das gestiegene Maß an Verordnungen, Normen und Planungsvorgaben zu jammern, ohne selbst aktiv an einer Verbesserung mitzuwirken. Wir müssen erkennen, dass wir diese Aufgaben nicht alleine bewältigen können und unser liebgewordenes Bild des nur sich selbst und der jeweiligen Aufgabe verpflichtenden Künstlers überdenken.

Wir leben in einer Zeitenwende. Es liegt an uns, diese aktiv mitzugestalten.

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Martin Haas ist Geschäftsführer des 2012 gegründeten Stuttgarter Architekturbüros haas.cook.zemmrich – STUDIO 2050. Zuvor war er 17 Jahre lang bei Behnisch Architekten tätig, seit 2005 als Partner. Haas zählt zu den Initiatoren der DGNB und ist von Beginn an als Präsidumsmitglied aktiv. Zudem engagiert er sich bei der DGNB als Vorsitzender des Beirats für Nachhaltige Stadtentwicklung.

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2 Kommentare

  1. Rudolf Brand sagt

    Viele gute und richtige Ansätze. Ich würde gerne bei der Umsetzung mithelfen.

    Bitte die Abhängigkeit vom regionalen Wetter in den weltweit unterschiedlichen Klimazonen nicht vergessen und exogene Energieverlagerungen i.Z. mit Gebäuden.

    Wir haben nur das Wetter als äußere Energiequelle zum Heizen und Kühlen und sollten künftig darüber nachdenken wie man besser speichern kann. Die Menge aus dem Wetter ist millionenfach höher als aktuell weltweit „verbraucht wird“. Nach dem Energieerhaltungssatz kann aber gar keine Energie verbraucht werden, d,h. es geht darum Energie aus dem Wetter zusätzlich mit Gebäuden zu verlagern und zeitlich nutzbar mit Gebäuden zu speichern.

    Leider haben sich ins Stammhirn, durch Marktmanipulation und Lobbyarbeit der Dämmstoffindustrie, Begriffe wie atmende Wände, U-Wertangaben im trockenen Zustand, dicke Dämmungen sind immer gut, angeblich falsches Nutzerverhalten, eingegraben.

    Bitte schafft endlich die unsäglichen und toxischen Dämmorgien ab die uns abschotten von der einzigen Energiequelle Wetter. Hier sind künftig disruptive Innovationen gefragt wie man sinnvoll und bilanziert dämmt und zusätzlich durch Gebäude Energie aus dem Wetter passiv schöpfen und speichern kann.

    Wenn wir weiter mit XPS, Styropor und Faserdämmstoffe, nach dem Motto viel hilft viel, verfahren und dabei Physik und Mathematik wie bisher weitgehend ignorieren und laienhaft auslegen (vgl. EnEV) werden wir irgendwann alle vergiftet.
    Nach dem bisherigen Papier der DGNB wird das weiter so sein und die Dämmstoffindustrie mittels toxischen XPS, Styropor, PUR und Faserdämmstoffen das Geschehen diktieren. Warum ist das so ? Ist Umsatz alles und zählt Gesundheit und Ökologie nicht ?

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