Das neue Jahrzehnt, Impuls, Nachhaltiges Bauen
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Der Architekt als Gewissen der Baubranche

Die Rolle der Architektur im Kontext des Klimawandels ist noch nicht geklärt. Vielmehr sind wir auf der Suche nach einer neuen baukulturellen Haltung. Der Architekt trägt hier eine große Verantwortung. Er ist das „Gewissen des Bauens“ und muss die richtigen Fragen stellen. Die Antwort finden wir nur gemeinsam.

BLOGSERIE ZUM NEUEN JAHRZEHNT (TEIL 3)
2020 ist nicht irgendein Jahr. 2020 heißt: Nur noch zehn Jahre bis 2030, das Jahr, an das so viele Nachhaltigkeitsziele geknüpft sind. Vor diesem Hintergrund gibt das DGNB Präsidium eine Einschätzung zur Entwicklung des Gebäudesektors in den letzten zehn Jahren ab und blickt nach vorn. Ein Thema, sechs Perspektiven. Im nächsten Beitrag blickt Hermann Horster auf den Status Quo der Immobilienwirtschaft.

 

Was Architektur im Zeitalter der Industrialisierung bedeuten kann, hat uns die Moderne bereits gezeigt. Dieses Zeitalter haben wir verlassen. Jetzt sind wir auf der Suche nach einer neuen großen Antwort auf eine neue große Zeitfrage: Welche Rolle spielt Architektur im Zeichen des Klimawandels?

Sie verlangt Offenheit für neue Denkansätze und das Abschütteln gewohnter Vorgehensweisen. In einer Zeit des permanenten Wandels muss auch Architektur grundlegend hinterfragt werden.

Grundlegende Fragen stellen

Welche Art von Gebäuden brauchen wir überhaupt? Und wenn wir bauen: Wie können wir die Potenziale eines Gebäudes maximal ausschöpfen? Was für einen Mehrwert liefert es für die Kultur und die Menschen? Welchen ökologischen Fußabdruck hat es und woher kommen die Baustoffe?

Es hat sich schon viel getan in den letzten zehn Jahren. Der Themenkatalog des nachhaltigen Bauens ist heute so breit, dass wir durchaus von einer Nachhaltigkeit 2.0 sprechen können. Sie hat sich von einem Add-On oder einer eher technischen in eine strukturelle, global relevante Dimension entwickelt.

Alnatura Campus – Neubau der Alnatura Arbeitswelt

Selten haben wir so viele Fragen an ein Gebäude gestellt wie beim Alnatura Campus. Es hat sich gelohnt! © Roland Halbe

Zeit und Geld haben ihre eigenen Gesetze

Trotzdem entsteht heute immer noch viel zu viel Gebautes, das offensichtlich nicht hinterfragt wurde. Liegt es am enormen Zeit- und Kostendruck, der auf Architekturbüros lastet? Denn selbst wenn Architekten die Ernstlage erkennen, stehen sie oft Bauherren und Investoren gegenüber, die die billigste Lösung in kürzester Zeit erwarten. Und gerade Zeit ist nötig, um oben genannte Fragen zu stellen.

Oder liegt es am vorherrschenden Immobilienboom, der gar nicht nach neuen, innovativen Ideen verlangt? Geldmehrung über Immobilien ist immer noch zu einfach machbar. Und der Anspruch an das Gebaute entsprechend niedrig. Mit der fatalen Folge, dass Gebäude beispielsweise viel zu früh abgerissen werden, weil das Ende der monetären Verwertungskette erreicht ist.

Appell an das gute Gewissen

Es gibt sicherlich viele Gründe die gute nachhaltige Architektur verhindern. Aber keiner rechtfertigt es uns Architekten, die Rolle als Innovator zu verweigern. Im Gegenteil. Gerade da, wo die Marktkräfte hoch sind, braucht es eine Instanz, die als Gewissen im Bauen auftritt. Eine Art Anwalt, der eben nicht nur nach Effizienz und Funktion fragt. Der Architekt ist dieses Gewissen der ästhetischen und der inhaltlichen Qualität. Und die Herausforderung Klimawandel fordert diese Rolle von uns Architekten stärker als zuvor.

Gemeinsam in eine CO2-neutrale Zukunft

Wir haben noch keine Antwort auf die große Zeitfrage. Aber wir haben wertvolle Ansätze, wissenschaftliche Zahlen und eine klare Richtung: Wir blicken in eine CO2-neutrale Zukunft. Es liegt an uns, diese Zukunft architektonisch zu formulieren. Das ist eine anspruchsvolle, aber auch fantastische Aufgabe!

Dafür müssen wir alle gemeinsam arbeiten und uns lösen von einer noch weit verbreiteten Einzelkämpfer-Mentalität. Wir müssen vorhandenes Wissen bestmöglich nutzen. Die DGNB bietet etwa einen großen Wissenspool an, der vieles bereit hält, was wir uns im Alleingang zeitaufwändig erarbeiten müssten.

Phase Nachhaltigkeit LogoSeit 2019 gibt es zudem die Initiative „Phase Nachhaltigkeit“, die nicht nur dazu aufruft, unsere Bau- und Planungspraxis zu transformieren. Sie ist zugleich ein großes Netzwerk von Architekten und Fachplanern, um all diese Fragen zu besprechen.

Liebe Architekten,

ihr könnt die positive Zukunft mitgestalten. Fangt heute an, die richtigen Fragen zu stellen. Dann arbeiten wir uns gemeinsam in die Antworten hinein. Der Klimawandel ist ein menschengemachtes Problem. Lasst uns dieses auch menschengemacht wieder lösen. Gemeinsam und jeder für seinen Teil.


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