Im Oktober dieses Jahrs findet die 15. Weltkonferenz zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt im südchinesischen Kunming statt. Dann legen die Mitgliedsstaaten eine neue 10-Jahres-Strategie bis 2030 fest. Als einziger Verband aus der Baubranche hat die DGNB ein klares Bekenntnis verfasst. Denn Bauen und Biodiversität hängen facettenreich zusammen. Das zeigt dieser Beitrag in Kürze.
Die Rio-Konferenz 1992 gilt neben dem Klimaschutz auch beim Thema Biodiversität als politischer Startschuss. 196 Mitgliedsstaaten haben damals das Übereinkommen zum Schutz der biologischen Vielfalt verabschiedet – alle Länder sollten daraufhin nationale Strategien ausarbeiten. Darin enthalten sind drei wesentliche Punkte, die kompakt aufzeigen, was sich hinter dem viel genutzten Begriff Biodiversität eigentlich verbirgt:
- Der Erhalt der Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten, Lebensräumen und allen Genen
- Ein nachhaltiger Umgang mit natürlichen Ressourcen wie Wäldern, Flüssen und Meeren, wildlebenden Tieren und Pflanzen
- Die faire und gerechte Aufteilung der Vorteile, die sich aus der Nutzung der genetischen Ressourcen ergeben

Abbildung 1: Ziel 15 der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung adressiert auch das Thema Biodiversität. Der SDG-Report 2020 zeigt: es ist noch viel zu tun! | Quelle: https://unstats.un.org/sdgs/report/2020/
Mehr als eine grüne Fassade
Dieses Jahr jährt sich die Biodiversitätskonferenz zum 15. Mal. Das hat die DGNB zum Anlass genommen, ihr Commitment zu verfassen und zu publizieren. Seit vielen Jahren setzt sie sich dafür ein, den Schutz der Artenvielfalt im Bauen ganzheitlich mit all seinen Facetten zu adressieren.
Dazu gehören naheliegende Maßnahmen wie der Erhalt wasser- und luftdurchlässiger Grünflächen am Gebäude. Die Vermeidung von Versiegelungen fördert den Pflanzenwuchs und ermöglicht Lebensräume für Tiere. Es geht aber auch um die auf den ersten Blick weniger sichtbaren Aspekte wie Biotopvernetzung, um Pflanzen- und Tierarten nicht zu isolieren, oder langfristige Biodiversitätsstrategien und Pflegeanleitungen.

Mehr Details zur Biodiversität beim Bauen gibt’s im DGNB Zertifizierungssystem.
Insbesondere in Hinblick auf die verstärkten Aktivitäten hinsichtlich Begrünungen in der Stadt ist es beispielsweise wichtig, das Thema gleich im Kontext der Klimaanpassung zu berücksichtigen. Und der Blick auf Lebenszyklus zeigt, dass gerade in der gesamten Wertschöpfungs- und Lieferkette von Bauprodukten Biodiversitätsproblematiken auftauchen und mehr Beachtung benötigen! Um bei Bauherren Anreize für die Berücksichtigung all dieser Themen zu schaffen, hat die DGNB in ihren Zertifizierungssystemen für Quartiere und Neubauten ein Kriterium für Biodiversität, nachhaltige Ressourcengewinnung und weitere geschrieben.
Bekenntnis zu mehr Engagement
Doch das ist erst der Anfang. Im Zuge der Biodiversitätskonferenz haben wir uns eine Reihe weiterer Schritte vorgenommen. Denn gerade das Thema Biodiversität findet noch viel zu wenig Beachtung im Bausektor. Die DGNB ist der einzige Vertreter der Branche, der sich zur Biodiversitätskonferenz bekennt. Zehn Punkte zeigen, worum es uns geht:
- Partnerschaften mit Städten, Bauprodukteherstellern, Finanzsektor und sonstigen Akteuren aufbauen und mehr Engagement für Biodiversität
- Motivation zu Biodiversitäts-Commitments von allen relevanten Stakeholdern in einem kooperativen Verfahren und in 2022 Sicherstellung von mindestens 100 Unterzeichnern
- Verbindliche Unterstützung durch Multiplikatoren aus unserem Netzwerk, um deren Mitglieder zum Engagement für die biologische Vielfalt zu gewinnen
- Verankerung des Themas in unseren eigenen Initiativen wie Phase Nachhaltigkeit und Klimapositive Städte und Gemeinden
- Förderung des Wissensaustauschs durch die Ausarbeitung des bestehenden Programms der DGNB Akademie
- Bereitstellung von Best-Practice-Beispielen zum Thema Biodiversität
- Weiterentwicklung der Zertifizierungssysteme in Hinblick auf Biodiversität am Standort und in der Lieferkette
- Ausweitung der Gremienarbeit und kontinuierliche Kommunikation von biodiversitätsbezogenen Themen an unsere Mitglieder und das gesamte Netzwerk
- Entwicklung eines Good-Practice-Leitfadens für die Bau- und Immobilienbranche
- Transparenz hinsichtlich des erzielten Fortschritts
COP 15 – Ambition beginnt heute
In diesem Sinne hoffen wir auf einen scharfen Blick der Regierungschefs und eine ambitionierte Ausarbeitung der internationalen Strategien zum Schutz von Flora und Fauna – und damit unserer Lebensgrundlage. Parallel folgen wir unserem Grundsatz des Handelns im Hier und Jetzt. Denn der Rückgang der Artenvielfalt wartet nicht auf die Beschlüsse der nächsten COP. Und was ist Ihr Commitment?
Mehr zum Thema Biodiversität (und Bauen)
Sie möchten tiefer ins Thema eintauchen? Wir haben ein paar Quellen zusammengestellt.
- DGNB Zertifizierungssystem für Neubauten, Kriterium ENV2.4 Biodiversität am Standort und ENV1.3 Verantwortungsbewusste Ressourcengewinnung. Den Katalog können Sie hier anfordern.
- DGNB Zertifizierungssystem für Quartiere, Kriterium ENV2.4 Biodiversität. Den Katalog können Sie hier anfordern.
- SDG 15 „Leben an Land“ auf der Webseite der Bundesregierung
- Hauck, T. E. & Weisser, W. W. (Hrsg.) 2019: Animal-Aided Design im Wohnumfeld – Einbeziehung der Bedürfnisse von Tierarten in die Planung und Gestaltung städtischer Freiräume. Die Publikation gibt es hier als PDF-Download.
- Biodiversität als Thema in der Klimawirkungs- und Risikoanalyse für Deutschland 2021 des Umweltbundesamts. Die Kurzfassung gibt es hier als PDF-Download.
- Report „Introduction to the EU Taxonomy on Biodiversity and Ecosystems“ des Naturschutzbunds Deutschland e.V. (NABU). Den Report gibt es hier als PDF-Download.
- Living Planet Report des WWF
- Convention on Biological Diversity