Nach dem vorläufigen Förderstopp der BEG Ende Januar 2022 wurde zumindest die Förderung für die Sanierung zum Effizienzgebäude seit dem 21. Februar wieder aufgenommen. Weitere Fördermittel sollen von der Bundesregierung für das Jahr 2022 zur Verfügung gestellt werden. Was lief bisher gut? Was könnten BEG und zukünftige Nachhaltigkeitsförderungen besser machen? Und wie geht es jetzt weiter? Im Rahmen des DGNB Jahreskongress diskutierten ausgewählte Experten zum Thema.
BLOGSERIE ZUM DGNB JAHRESKONGRESS 2022 (TEIL 2)
Am 23. und 24. Februar veranstaltete die DGNB einen digitalen Jahreskongress. Das Motto: die zunehmend vielfältigen Diskussionen rund ums nachhaltige Bauen aufgreifen und zusammenführen. Neben Impulsen und persönlichem Matchmaking standen zahlreiche Gesprächsrunden auf dem Programm. In sieben Beiträgen fasst diese Blogserie die wichtigsten Botschaften der Themenräume zusammen. Im nächsten Beitrag geht es darum, wie die Klimaanpassung im Kontext Bauen gelingen kann.
Zum Einstieg knapp zusammengefasst: Im Juli 2021 ist die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) mit der Förderung von Wohngebäuden an den Start gegangen. Ihr Ziel ist es, einen Beitrag zum Klimaschutzprogramm 2030 zu leisten und einen Anreiz für ambitionierte Bauvorhaben zu schaffen. Das Augenmerk liegt hier sowohl auf energieeffiziente Neubauten als auch auf der Sanierung des Bestands. Neu war, dass ergänzend zur Energieeffizienz-Klasse (kurz: EE-Klasse) eine neue, deutlich ambitioniertere Nachhaltigkeits-Klasse (kurz: NH-Klasse) eingeführt wurde. Gebäude mit einer Nachhaltigkeitszertifizierung, wie die der DGNB, sowie einer zusätzlichen Erfüllung der Anforderungen des Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) konnten so einen Nachhaltigkeits-Förderbonus erhalten (NH-Bonus).
Das für die Förderung bereitgestellte Geld der Bundesregierung wurde – früher als geplant – komplett ausgeschöpft, was zum vorläufigen Förderstopp führte. Für die Modernisierung von Bestandsgebäuden hat der Bundestag nochmals neue Fördermittel bereitgestellt. Für die Anschlussförderung im Neubaubereich soll dies folgen.
Der Status Quo bis zum vorläufigen Förderstopp
- Insgesamt wurde 101.000 Zusagen für den Neubau und die Sanierung von Wohn- und Nicht-Wohngebäuden für die BEG-Förderung erteilt
- Rund 80 % der Zusagen für die Förderung von neu gebauten Wohngebäuden entfielen dabei auf den weniger ambitionierten und im Februar von der Förderung nachträglich ausgeschlossenen Effizienzhaus 55-Standard (EH 55)
- 3,5 % der Wohneinheiten, denen eine BEG-Förderung zugesagt wurde, entfallen auf die NH-Klasse
- Insgesamt bekamen 180 Förderanträge mit NH-Klasse eine Zusage erteilt
Experten mit unterschiedlichen Blickwinkeln
Im Themenraum „BEG, ohje? Die neue Bundesförderung im Praxischeck“ beim DGNB Jahreskongress sprachen drei Experten miteinander, die auf verschiedenen Ebenen mit der BEG-Förderung zu tun haben. Moderiert wurde dieser von Dr. Stephan Anders, Abteilungsleiter DGNB Zertifizierung.
In der Runde lieferte Joost Hartwig, Geschäftsführer der ina Planungsgesellschaft mbH, den Blick und die Erfahrungen aus der Praxis. Als DGNB Auditor hat er Bauherren auf dem Weg zur DGNB Zertifizierung bereits begleitet und in den letzten Monaten viele Kontaktpunkte zur BEG gehabt. Er sieht Schwierigkeiten darin, dass die Wahrnehmung und die tatsächliche Nachfrage der NH-Klasse und des QNG als Alternative zur EE-Klasse deutlich geringer ausfällt. Laut Hartwig sei es natürlich viel einfacher einen Anteil an erneuerbaren Energien nachzuweisen (wie es die EE-Klasse fordert), als sich noch mit weiteren Nachhaltigkeitsthemen zu beschäftigen oder diese gar umsetzen zu können (wie es die NH-Klasse fordert). Es fehle bei vielen einfach das Know-How.
Markus Kelzenberg, Abteilungsleiter der DGNB Zertifizierungsstelle, vertrat die Innensicht der DGNB. Er verantwortet die Konformitätsprüfung der Anforderungen für das Erreichen der NH-Klasse. Das DGNB System zählt zu den Bewertungssystemen und Zertifizierungsstellen der QNG-Siegelvarianten für Wohngebäude. Wie ist die QNG-Prüfung angelaufen, gab es bereits Anmeldungen? Kelzenberg berichtet über eine enorme Anzahl an Anfragen von Mitgliedern und Auditoren zu allgemeinen Informationen und Handlungsempfehlungen für den Austausch mit Bauherren. Etwa 50 Projekte, die sich für eine DGNB Zertifizierung anmeldeten, wollten zusätzlich auch das QNG. Das mag wenig klingen, sei laut Kelzenberg für die Zertifizierung des Neubaus von Wohngebäuden aber eine hohe Anzahl. Es handle sich hauptsächlich um große Wohnanlagen mit vielen Wohneinheiten. Anders bei Bauvorhaben für kleine Wohngebäude: hier sei die Zertifizierung in Zusammenhang mit der Förderung noch nicht wirklich angekommen. Er freut sich aber, dass die Nachhaltigkeitszertifizierung durch die Fördermöglichkeit und das Qualitätssiegel eine größere Bandbreite bekommen hat – nicht nur in Teilbereichen der Nicht-Wohngebäude, sondern auch im Wohnbau.
Mathias Oliva y Hausmann vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen hat insbesondere die Kriterien für die NH-Klasse mitdefiniert und die Entwicklung des QNG geleitet. Wie sieht es mit weiteren förderfähigen Gebäudetypen aus? „Ziel des Bundesbauministeriums ist es, das nachhaltige Bauen in der Breite des Planens und Bauens zu verankern und das heißt wir haben in dem Sinne keinen Fokus auf das Wohnen“, sagt Oliva y Hausmann dazu. Es handle sich vielmehr um eine Reihenfolge, in der die Thematik abgearbeitet werde. Laut ihm hat man nicht damit gerechnet, dass viele den Weg der Nachhaltigkeitsklasse inkl. QNG gehen würden, wenn man die Förderung doch viel einfacher mit der EE-Klasse haben konnte. Oliva y Hausmann betont, dass sich die Strukturen im Hintergrund aufbauen müssen, damit ein massentauglicher Markt bedient werden kann: „Jetzt müssen Instrumente am Markt da sein, die das allen vereinfachen. Es muss klar sein, wie das Wissen vermittelt wird und die Qualität muss gesichert werden. Und dann sind die Grundlagen eigentlich gelegt dafür, dass wir tatsächlich auch groß in die Förderung einsteigen können.“
Vorschläge, Wünsche und Hoffnung für zukünftige Förderungen von nachhaltigen Gebäuden
Neben dem reinen Erfahrungsaustausch zur BEG gab es aber noch mehr Gesprächsstoff. Die Experten hatten konkrete Vorschläge, Wünsche und Prognosen für sinnvolle Ansätze zukünftiger Nachhaltigkeitsförderungen geäußert:
„Insbesondere in der Modernisierung sehe ich eigentlich, dass das Erhöhen des Drucks da nicht zu mehr Ergebnis führen wird, sondern im Gegenteil. Da werden wir einfach ein ganz massives Problem kriegen und da sind glaube ich so alternative Förderwege noch viel, viel relevanter.“ (Hartwig)
„Ich glaube aber, wenn man den Koalitionsvertrag liest, dass das Thema Lebenszyklus einfach eine größere Rolle einnehmen wird. Das würde mich jetzt wundern, wenn man da drum herumkommt.“ (Oliva y Hausmann)
„Im Bereich der Sanierung wäre es eine große Hilfe, wenn man die grauen Emissionen einfach anrechnen könnte. In Form dessen, als dass man diese erspart durch die Weiternutzung der Bausubstanz.“ (Oliva y Hausmann)
Und Olivia y Hausmann macht Hoffnung für die nachhaltige Förderlandschaft in Deutschland:
„Und das Wichtige, und das ist denke ich auch die Hauptarbeit des Bundesbauministeriums an dieser Stelle, ist die Grundlagen zu schaffen, dafür, dass in einem Förderprogramm möglichst viel Nachhaltigkeit aufgenommen werden kann.“
Wie geht es jetzt weiter mit der BEG?
Laut Oliva y Hausmann ist die Fassung für Büro- und Verwaltungsgebäude sowie Unterrichtgebäude in Arbeit und soll innerhalb weniger Wochen online gestellt und veröffentlicht werden. Ebenfalls werde an einer Fassung für Neubau und Komplettmodernisierung gearbeitet, für die das Bundesbauministerium die DGNB demnächst als erste Zertifzierungsstelle benennen kann. QNG-Siegelvarianten für weitere Gebäudetypen sollen innerhalb der nächsten Monate folgen. Zugleich werde daran gearbeitet, dass der Lebenszyklusansatz verstärkt berücksichtigt werden kann. Nicht zuletzt werde definiert, welche Fortbildungsmöglichkeiten für Energieeffizienzexperten und andere Planende sinnvoll sind.
Der Mitschnitt der Veranstaltung ist online verfügbar
Auf dem DGNB YouTube-Kanal finden Sie alle Themenräume sowie die Impulsvorträge beider Kongresstage. Hier können Sie die Diskussion zur Bundesförderung für effiziente Gebäude in voller Länge nachverfolgen: