Sehr geehrter Herr Bundesminister Seehofer, sehr geehrter Herr Bundesminister Altmaier,
die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V. begrüßt explizit die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Entscheidung zu einer Zusammenführung und Überarbeitung des Energieeinsparungsgesetzes (EnEG), des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG) und der Energieeinsparverordnung (EnEV) zu einem umfassenden Gebäudeenergiegesetz.
Ganz konkret sollte es hier zu einer Vereinfachung der Anwendung für Eigentümer kommen. Übergeordnetes Ziel der Novellierung ist dabei der kontinuierliche Fortschritt der deutschen Energie- und Wärmewende. Denn klar ist, dass die deutschen Klimaziele nur dann erreicht werden können, wenn über alle Sektoren hinweg ambitionierte Treibhausgasreduktionen verwirklicht werden. Darum bestätigt der Koalitionsvertrag erneut die Selbstverpflichtung der Bundesregierung zur Klimaneutralität des Gebäudebestands bis spätestens 2050. Auch hierzu will das GEG einen Beitrag leisten.
Beide Ziele sind aus Sicht der DGNB von elementarer Bedeutung für Deutschland als Wirtschafts- und Innovationsstandort und als lebenswerter Leuchtturm des Kampfes gegen den globalen Klimawandel.
Sehr geehrte Herren Bundesminister, obschon sich die Analyse der wichtigen Ziele von DGNB und Ihrer Regierung deckt, ist die DGNB vom konkreten Lösungsvorschlag in Form des GEG herb enttäuscht. Weder wird die Anwendung des Gesetzes merklich vereinfacht, noch setzt das Gesetz wichtige und ambitionierte Impulse und Anreize für klimaschonendes und wahrhaft nachhaltiges Bauen. Statt alle Beteiligten darin zu stärken, für die Zukunft zu bauen und zu sanieren, nimmt die Bundesregierung mit diesem Gesetz sehenden Auges in Kauf, dass die EU-Klimaschutzziele verfehlt werden und deutsche Steuerzahler dafür die Rechnung präsentiert bekommen. So sind im Bundeshaushalt alleine für die kommenden drei Jahre 2020-2022 100 Mio. Euro für den Ankauf von Emissionsrechten vorgesehen – Geld, das für mutige, werterhaltende Investitionen fehlt. Statt die Anforderungen an Gebäudeneubau und -sanierung auf die Treibhausemissionen des Gebäudes auszurichten, beharrt die Bundesregierung auf die Bemessung von Primärenergie, die für die Bewertung von Energieeffizienz gänzlich ungeeignet ist. Alle Experten sind sich einig, dass das wesentliche Einsparungspotenzial in der Sanierung des vorhandenen Gebäudebestands liegt. Statt jedoch eine ambitionierte Sanierungsstrategie zu erarbeiten, kapituliert die Bundesregierung vor einer völlig inakzeptablen Sanierungsquote von 1-2%. Dabei spielt gerade der Gebäudesektor eine im öffentlichen Diskurs unterschätzte, aber immens wichtige Rolle bei der Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft. Auf europäischer Ebene ist diese Erkenntnis bereits angekommen. So wird zum Beispiel mit Level(s) eine gemeinsame Sprache in Sachen Nachhaltigkeit für den Gebäudesektor etabliert und Lebenszyklusdenken gefördert. Denn klimaverträgliches und nachhaltiges Bauen ist mehr als nur Energieeffizienz, es erfordert auch ressourcensparende Materialien, einen hohen Nutzwert und eine hohe Dauerhaftigkeit, kostensparendes Bauen und eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Darum ist es nicht nachvollziehbar, dass die Regierung diese Chance verstreichen lassen möchte, dem Wunsch der Wählerinnen und Wähler nach mehr Klimaschutz und zukunftsfähiger Politik Folge zu leisten und den Wirtschaftsstandort Deutschland zum Klimaschutzstandort und Innovationsvorreiter zu transformieren. Der schlichte Verweis auf den Koalitionsvertrag entspricht dabei nicht der Dringlichkeit der zu lösenden Klimakrise und spiegelt nicht die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger wider.
(Lesen Sie hier die Stellungnahme der DGNB zum Entwurf des
Gebäudeenergiegesetzes (Mai 2019))
Sehr geehrter Herr Seehofer, sehr geehrter Herr Altmaier, schon im Februar 2018 haben die DGNB, die Architektenkammer Baden-Württemberg und der Städtetag Baden-Württemberg einige Impulse für eine zielführende Gesetzgebung im Gebäudesektor veröffentlicht. Auch auf den Referentenentwurf des GEG Ende 2018 haben wir mit konstruktiven Vorschlägen reagiert. Seit mehr als zehn Jahren zeichnet die DGNB mit ihrem Zertifizierungssystem nachweislich nachhaltige Gebäude aus. Knapp 5.000 dieser Projekte, die beispielsweise alle auch eine Ökobilanzierung durchlaufen haben, bilden einen unermesslichen Wissensschatz, auf dessen Basis die Expertise der DGNB fußt. Diese Expertise biete ich Ihnen hiermit erneut zur Unterstützung in der Finalisierung des Gesetzesentwurfs an.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Alexander Rudolphi
Präsident DGNB e.V.
Danke für diesen sehr informativen Beitrag. Gruß, Gundel Kasten