Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt in der Baubranche an Bedeutung. Immer mehr etablierte Unternehmen, Start-ups und Forschungsprojekte beschäftigen sich auf innovative Weise mit neuen, nachhaltigen Lösungen. Mit der Sustainability Challenge sucht die DGNB daher auch 2021 die jeweils spannendsten und wegweisendsten unter ihnen. Wer eben diese Finalisten in diesem Jahr sind, stellen wir Ihnen im Beitrag vor. Denn wer gewinnt, entscheiden ab jetzt Sie.
Wie bereits in den Jahren zuvor, war der Wettbewerb groß. Auch 2021 sind wieder mehr als 80 Bewerbungen in den drei Kategorien „Start-Up“, „Innovation“ und „Forschung“ eingegangen.
Die Ziele der Start-ups: CO2 reduzieren und Kreisläufe schließen
In der Kategorie Start-up waren junge Unternehmen gesucht, die mit ihrem Geschäftsmodell inspirieren. Hier konnten sich die carbonauten GmbH, Concular sowie die ecoworks GmbH durchsetzen.
carbonauten GmbH: CO2-speichernde Materialien
CO2 speichern, statt verursachen: Das ermöglicht die 2017 gegründete carbonauten GmbH. Das Start-up entwickelt Negative Emission Technology-Materialien, die aktiv CO2 reduzieren. Die Basis stellen Biokohlenstoffe aus Biomasseresten dar. Diese werden mit Zusätzen zu Granulaten und schließlich zu Baumaterialien verarbeitet. Eine Tonne der Biokohlenstoffe speichert dauerhaft das Äquivalent von 3 bis 3,3 Tonnen CO2.
Concular: ein Ökosystem für zirkuläres Bauen
Das Berliner Unternehmen Concular setzt sich dafür ein, verbaute Materialien im Sinne der Circular Economy aktiv im Kreislauf zu halten. Hierbei verstehen Sie sich explizit als mehr als ein Anbieter einer Software: Mittels Material- und Produktpässen digitalisiert das Unternehmen Gebäude. Die Software hilft dabei Bau- und Rückbaumaßnahmen zu kalkulieren, zu planen und durchzuführen. Das Team unterstützt zudem Architekturbüros, Bauherren und Projektentwickler von der Bestandserfassung bis zum erfolgreichen und hochwertigen Wiedereinsatz der Materialien.
ecoworks GmbH: klimaneutrales Wohnen in Serie
Die ebenfalls in Berlin ansässige ecoworks GmbH digitalisiert und industrialisiert energetische Sanierung. Hierfür haben Sie ein ganzheitliches Baukastensystem für die CO2-neutrale, serielle Sanierung von bestehenden Wohngebäuden entwickelt. Der Umbau vor Ort soll zukünftig nicht länger als zwei Wochen dauern, um die Mieter so wenig wie möglich zu beeinträchtigen.
Innovationen im Sinne des Klimaschutzes und der Kreislaufwirtschaft
Ebenso vielfältig wie die Ansätze der Start-ups sind die Ideen in der Kategorie „Innovation“. Hier konnten sich Unternehmen mit einer Produkt- oder Serviceinnovation ganz im Sinne des Klimaschutzes oder der Circular Economy bewerben. Qualifiziert für das Finale der Sustainability Challenge haben sich Ampeers Energy, Terran sowie Interface.
Ampeers Energy: profitable Dekarbonisierung von Immobilien
Das Münchener Unternehmen Ampeers Energy, ein Spin-Off der Fraunhofer Gesellschaft, unterstützt dabei, die CO2-Reduktion von Immobilien in profitable Geschäftsmodelle umzuwandeln. Sie versetzen Eigentümer in die Lage, die sektorenübergreifende Energieoptimierung oder auch Mieterstrommodelle mit intelligenten Softwarelösungen einfach und profitabel umzusetzen.
Terran: Photovoltaik und Dachziegel in einem
Ebenfalls um Energie dreht sich die Innovation des ungarischen Unternehmens Terran, genauer um die Gewinnung von Energie: Mit seinem Produkt „Generon“ hat Terran einen Dachziegel entwickelt, der die Schutzfunktion von Dachziegeln mit der Nutzung von Sonnenenergie vereint. Das Besondere: Die Photovoltaikzellen werden so in die Oberfläche der einzelnen Dachsteine integriert, dass sich diese Photovoltaik-Dachziegel optisch kaum von herkömmlichen Dachsteinen unterscheiden.
Interface: CO2-negative Teppichfliesen
CO2-negativ ist schließlich das entscheidende Attribut der Innovation des Krefelder Teppichfliesenherstellers Interface. Mit der Produktlinie „Embodied Beauty™“ hat das Unternehmen drei Teppichfliesen entwickelt, die den CO2-Fußabdruck in Bauprojekten reduzieren können. Möglich macht dies eine spezielle PVC- und bitumenfreie Rückenkonstruktion der Fliesen, in der biobasierte, nachwachsende Materialien und recycelte Füllstoffe verwendet werden. Einige dieser Materialien sind für sich betrachtet CO2-negativ und reduzieren so den CO2-Fußabdruck des Gesamtprodukts maßgeblich.
Forschung für die Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit
In der Kategorie Forschung waren schließlich laufende oder bereits abgeschlossene Forschungsprojekte gesucht, die mit ihren Ergebnissen einen wichtigen Beitrag zur Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit leisten. In die Endauswahl geschafft haben es Projekte der Technischen Universität München, des Frankfurter Forschungsinstituts für Architektur, Bauingenieurwesen und Geomatik der Frankfurt University of Applied Sciences und der Bergischen Universität Wuppertal.
Einfach Bauen: Architektur mit minimalem Technikeinsatz
Im Fokus des Münchener Projektes steht die Frage: Wie kann Architektur so optimiert werden, dass es möglichst wenig Technik bedarf, um ein angenehmes Raumklima zu erzeugen? Ihr Ziel ist es, die Komplexität des Bauens zu reduzieren und Häuser zu entwerfen, die einfach zu bauen und einfach zu betreiben sind. Die Annahme: Ein „einfach“ gebautes Haus ist über einen Betrachtungszeitraum von 100 Jahren Standard- und Niedrigenergiehäusern im Hinblick auf Umweltwirkung und Wirtschaftlichkeit überlegen.
ge3TEX: kreislauffähige Verbundmaterialien
Um nachhaltige, sortenreine und kreislauffähige Bauteile geht es beim Frankfurter Projekt ge3TEX. Im Rahmen der Forschung hat das Team kreislauffähige Verbundmaterialien aus Textilien und Schäumen gleicher Werkstoffgruppen sowie die entsprechenden Herstellungsprozesse zum Ausschäumen von 3D-Textilien zu sortenreinen Bauteilen für die Gebäudehülle entwickelt. Das Ziel war es, mit einem Minimum an Baustoffen ein Maximum an Funktionalität und Raumqualität zu schaffen.
Urban Mining Index: Kreislaufführung messbar gemacht
Mit dem Urban Mining Index haben schließlich die Forscherinnen und Forscher der Universität Wuppertal ein Planungsinstrument für zirkuläres Bauen entwickelt. Es ist eine Systematik, die die Kreislauffähigkeit von Baukonstruktionen quantitativ messbar macht und dabei sowohl die Qualität der zirkulären Materialverwendung als auch den Rückbauaufwand und die Wirtschaftlichkeit in die Bewertung einbezieht.
Nachhaltige Favela-Architektur gewinnt den Sonderpreis
Bereits gewonnen hat das Projekt „Terra Vermelha“. Es ist der Sieger des studentischen Sonderpreises. Dieser geht in diesem Jahr an zwei Studierende der Technischen Universität Berlin. Die jungen Wissenschaftler haben ein Konzept für eine nachhaltige Favela-Architektur entworfen. Der Fokus lag hierbei auf dem Einsatz von Holz und Lehm – zwei Baustoffen, die tief in der indigenen Architektur Brasiliens verwurzelt sind. Im Zuge ihres Projektes haben sie diese „lowtech“ Baumethoden in den modernen Kontext übersetzt und eine hybride Holz-Lehm-Architektur entwickelt. Das Projekt im Detail finden Sie hier.
Sie entscheiden, wer gewinnt!
Wer in den drei Kategorien jeweils gewinnt, liegt nun an Ihnen. Über ein Onlinevoting hier auf dem DGNB Blog kann jeder seinem Favoriten pro Kategorie eine Stimme geben. Auf unserer Votingseite stellen sich die Finalisten der Sustainability Challenge sowie der Gewinner des Sonderpreises noch einmal in kurzen Videoclips persönlich vor. Die Abstimmung wird bis zum 27. Juni freigeschaltet sein. Die Gewinner werden am 1. Juli 2021 im Rahmen des DGNB Tags der Nachhaltigkeit in Stuttgart vorgestellt. Hier haben Sie zudem die Chance, die Finalisten persönlich kennenzulernen. Digitale Netzwerkräume bieten Raum für den persönlichen Austausch. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, digital dabei zu sein. Die Teilnahme ist kostenfrei.