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Deutscher Nachhaltigkeitspreis Architektur 2023: Die Finalisten

Finalisten des Deutschen Nachhaltigkeispreis Architektur 2022

Am 1. und 2. Dezember 2022 findet in Düsseldorf der 15. Deutsche Nachhaltigkeitstag statt. Zum 10. Mal wird im Rahmen des zweitätigen Kongresses auch der „Deutsche Nachhaltigkeitspreis Architektur“ verliehen. Vier Projekte haben es im Jubiläumsjahr in die Endauswahl geschafft. Allen gemein: Die Auseinandersetzung mit dem Bestand und das auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Wir stellen die Finalisten vor.

Seit 2013 wird der Deutsche Nachhaltigkeitspreis Architektur von der DGNB in Kooperation mit der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V. als Sonderauszeichnung vergeben. Gewürdigt werden Projekte, für deren Umsetzung neben einer hohen gestalterischen Qualität auch ein innovativer und zukunftsweisender Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit gefunden wurde.

Mit dem Forschungsprojekt Einfach Bauen in Bad Aibling ging der „Deutsche Nachhaltigkeitspreis Architektur 2022“ bereits Ende letzten Jahres an ein Projekt, das derzeit wichtige Impulse in der Baubranche setzt. Drei identische Gebäude, errichtet aus unterschiedlichen Materialien – Holz, Mauerwerk, Beton – und reduziert auf das Wesentliche geben in bewohntem Zustand Aufschluss über das, was Architektur wirklich leisten muss.

Alle Gewinner der vergangenen neun Jahre finden Sie hier.

Der 10. Deutsche Nachhaltigkeitspreis Architektur

DNP21 Einreichungen galt es für die einberufene Expertenjury in diesem Jahr zu bewerten. Vier Projekte haben es in die Endauswahl geschafft. Wer den wichtigen Architekturpreis für nachhaltiges Bauen 2023 erhält ist noch geheim. Der vorbildliche Umgang mit dem Bestand, ein weiteres brandaktuelles Thema zeichnet das Projekt aus. Soviel sei schon mal verraten.

„Wir freuen uns, dass bei den diesjährigen Bewerbungen eine große Anzahl an Projekten mit dabei war, die in vielfältiger Form das Potenzial für Klimaschutz und Ressourcenschonung in unserem Gebäudebestand ausschöpfen. Die Finalisten zeigen auf besonders gelungene Art und Weise, wie wir Architekturgeschichte über Jahrzehnte fortschreiben können, adressieren Themen wie Urban Mining, also die Nutzung der wertvollen Rohstoffe im Gebäudebestand, und erschaffen neue Welten in baulichem Erbe. Sie sind damit große Vorbilder für die so dringende Bauwende, die wir nur aus dem Bestand heraus schaffen.“ Prof. Amandus Samsøe Sattler, DGNB Präsident und Juryvorsitzender des Deutschen Nachhaltigkeitspreises Architektur

Unter dem Titel Pioniere der Bauwende – die Verleihung des DNP Architektur 2023 wird der Gewinner am Freitag, den 2. Dezember um 11:30 Uhr im Rahmen des 15. Deutschen Nachhaltigkeitstages verkündet. Über den Live-Stream kann die gesamte Veranstaltung mitverfolgt werden. Weitere Informationen finden Sie auf der Website zum Deutschen Nachhaltigkeitspreis, wo es für Kurzentschlossene auch noch Tickets gibt.

Die Finalisten 2023

Rückgeführt: Rathaus in Korbach

DNP Finalisten 23

Das Rathaus-Ensemble bildet innen wie außen einen bürgernahen Baustein in der Stadt. © Caspar Sessler

Im Zuge der notwendigen Rathaussanierung im hessischen Korbach konnte ein Anbau aus den 1970er Jahren nicht erhalten werden. Allerdings nutzte die, aus dem Realisierungswettbewerb als Sieger hervorgegangene ARGE agnheimspielarchitekten das Gebäude im Sinne des Urban Mining Konzeptes als Rohstofflager: Teile des Abbruchs wurden ortsnah recycelt und im Neubau wiederverwendet. Dieser dient wiederum ganz im Sinne des kreislaufgerechten Bauens als sortenreines Materialdepot, sollte der Anbau einmal rückgebaut werden.

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Die klare offene Struktur hilft bei der schnellen Orientierung im Gebäude. © Caspar Sessler

Durch den Eingriff wurde der Stadtraum im historischen Zentrum der Kreisstadt Korbach neu geordnet, Wegeverbindungen und Sichtbezüge wieder hergestellt. Mit zwei markanten Giebeln schreiben die Architekten die Kubatur des mittelalterlichen Rathauses von 1377 fort. Errichtet in Sichtbeton sind die Verwaltungsgebäude dabei klar als neue Elemente zu erkennen. Sie formen innen wie außen einen attraktiven und maßstabsgerechten Aufenthaltsort für die Bürger. Die im Beton eingebrachte Gesteinskörnung der Vorgängerbauten lässt die Geschichte des Ortes weiterleben.

Weitergebaut: Erweiterung Landratsamt in Starnberg

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Die pavillonartige Struktur ist von einem Park mit Grün- und Wasserflächen umgeben. © Aldo Amoretti

1987 haben Auer Weber das Landratsamt Starnberg als weitläufiges offenes „Haus der Bürger“ entworfen. Die in modularer Bauweise aus Holz, Stahl und Beton errichtete Struktur ist durchzogen von attraktiven Freiflächen und gilt als architektonischer Ausdruck demokratischen Bauens.

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Die lichtdurchfluteten Räume des Anbaus zeugen wie schon der Bestand von einer bürgernahen Verwaltung. © Aldo Amoretti

Über 30 Jahre später wurde das Büro nun auch mit der notwendigen Erweiterung betraut. Formal haben die Architekten den Bestand weitergebaut, baulich sind die vier neuen Flügel an die heutige Zeit angepasst. Dieses Unterfangen forderte die Planer insbesondere angesichts gestiegener Anforderungen an Statik, Brandschutz und energetischen Anforderungen heraus.

Der Neubau führt nun das vertraute Bild in seiner Gestaltung weiter. Die 160 Arbeitsplätze sowie Besprechungs- und Sozialräume werden über ein zentrales Atrium erschlossen. Errichtet in modularer Bauweise, sind die Grundrisse bei Bedarf flexibel bespielbar. Mitarbeiter und Bürger haben in ihrer hell und offen gestalteten Behörde einen neuen Baustein mit spannungsreicher Wechselbeziehung zwischen Innen und Außen erhalten.

Neues Leben eingehaucht: Hotel Wilmina in Berlin

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Der historische Gebäudekomplex ist durchzogen von Höfen die mitunter in üppige Gärten verwandelt wurden. © Robert Rieger

Eigentlich war das Büro Grüntuch Ernst Architekten mit einer Machbarkeitsstudie für das denkmalgeschützte Ensemble aus ehemaligem Gerichtsgebäude und Frauengefängnis in Berlin Charlottenburg beauftragt worden. Als der Investor absprang, entschlossen die Büropartner und Eheleute Armand Grüntuch und Almut Grüntuch-Ernst kurzerhand die Immobilie selber zu kaufen und mit viel Herzblut und Fingerspitzengefühl in ein ehrgeiziges Projekt zu starten.

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Die vormals kleinen Fenster der Zellen wurden nach unten hin vergrößert, die Gitterstäbe zeugen von der vormaligen Nutzung. © Robert Rieger

Elf Jahren dauerte die behutsame Transformation des geschichtsträchtigen Ortes mit dunkler Vergangenheit hin zum heutigen Hotel als Ort des Willkommens. Der historische Bestand ist allgegenwärtig, die Spuren der Vergangenheit an vielen Stellen zu erleben. Gleichzeitig ist es den Architekten gelungen mit gezielten Öffnungen neue Raum- und Blickbezüge zu schaffen, die bis in den Außenraum reichen. Konservierte Oberflächen wurden um zeitgemäße Schichten ergänzt. Inmitten der Großstadt empfängt das Hotel Wilmina seine Gäste in einer entschleunigten Welt der besonderen Art.

Zusammengeführt: IGS Integrierte Gesamtschule in Rinteln

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Die vielseitigen Lern- und Kommunikationsräume sind um vier Innenhöfe herum organisiert. © Marcus Ebener

Vormals waren die Räume der Gesamtschule Rinteln an drei verschiedenen Standorten der Stadt verteilt. Dank des Neubaus der Architekten bez+kock auf dem Gelände eines bestehenden Gymnasiums begegnen sich heute bis zu 900 Schüler unter einem Dach.

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Dem schlichten Baukörper ist ein, als Pausen- und Pufferzone ausgebildeter Laubengang vorgelagert. © Marcus Ebener

Anstatt die, in die Jahre gekommenen Bestandbauten etwa abzureißen, bespielt die Stadt diese mit neuen Nutzungen.

Das für die Holz-Hybrid-Konstruktion verwendete Lärchenholz stammt aus dem eigenen Forstbetrieb des Bauherrn. Der langgezogene, zweigeschossige Baukörper fasst neben Pausen-, Kommunikations- und Verwaltungszonen drei Lerncluster mit zahlreichen Klassenräumen, die von vier Innenhöfen unterbrochen werden. Der klar strukturiere Grundriss sorgt für eine schnelle Orientierung innerhalb der Lernlandschaft. Insgesamt ist ein heller, freundlicher Ort entstanden, der viel Raum für neue Formen des Lernens und Lehrens bietet und noch dazu flexibel auf künftige Entwicklungen reagieren kann.

 

Fotos: 1.v.l: © Caspar Sessler, 2.v.l: © Aldo Amoretti, 3.v.l.: © Robert Rieger, 4.v.l.:© Marcus Ebener

Kategorie: Architektur, Deutscher Nachhaltigkeitspreis Architektur, hochwertige Architektur

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Christine Schröder arbeitet bei der DGNB als Referentin Initiativen und Netzwerk mit den Schwerpunkten Phase Nachhaltigkeit und Wissensstiftung. Nach dem Architekturstudium und der Mitarbeit in Büros in Stuttgart, Berlin und London fand sie den Weg zum Schreiben während eines Volontariats bei der Verlagsanstalt Alexander Koch. Hier war sie über zehn Jahre in der Redaktion der Architekturfachzeitschrift AIT tätig. Ihre Begeisterung für das nachhaltige Bauen führte schließlich zur DGNB.

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