Nachhaltigkeit und die Forstwirtschaft sind nicht nur wegen der Herkunft des Begriffs untrennbar miteinander verbunden. Wie Holz, Nachhaltiges Bauen und Innovation beispielhaft zusammengehen, zeigt eindrucksvoll ein mehrfach preisgekröntes Projekt, an dem das DGNB Mitglied müllerblaustein beteiligt war. Welche Rolle Seeigel dabei spielen und warum das Projekt zeigt, dass das Handwerk der Industrie durchaus einen Schritt voraus sein kann, verrät der Geschäftsführende Gesellschafter Reinhold Müller im Interview.

Reinhold Müller, im Bild rechts, mit den weiteren Projektverantwortlichen bei der Verleihung des German Design Award 2016 | Quelle: designpreis.de
Felix Jansen (FJ): Hallo Herr Müller, erst der Wilhelm-Kauditz-Preis 2015 und anschließend noch der German Design Award 2016: Der Forstpavillon, an dessen Entwicklung und Umsetzung Sie mit der müllerblaustein Bauwerke GmbH beteiligt waren, stößt auf ein unheimlich großes, positives Echo. Um was handelt es sich bei dem Projekt, wer war daran beteiligt und welche Rolle hatten Sie als Unternehmen?
Reinhold Müller (RM): Es handelt sich um ein Forschungsvorhaben, bei dem gezeigt werden sollte, wie mit einem Minimum an Materialeinsatz durch digitale Planung (inklusive der Formfindung) und robotische Fertigung anspruchsvolle Geometrien mit intelligentem Tragverhalten gestaltet werden können. Federführend bei dem Forschungsvorhaben war die Universität Stuttgart mit ihrem Institut für computerbasiertes Entwerfen als planende Stelle und unser Unternehmen als ausführende Stelle für den Demonstrationsbau. Weiterhin waren die Landesgartenschau Schwäbisch Gmünd, der ForstBW und der Roboterhersteller KUKA am Projekt beteiligt.
FJ: Welche zentralen Erkenntnisse haben Sie aus dem Projekt gewonnen – auch für sich als Betrieb und Ihre eigene Fertigung?
RM: Die zentrale Erkenntnis für uns ist, dass durch die digitale Planung und robotische Fertigung unser Leistungsspektrum enorm erweitert werden kann. Wir sehen hier weniger eine Rationalisierung bestehender Prozesse als vielmehr die Möglichkeit, Konstruktionen wirtschaftlich zu planen und zu bauen, die wir bisher nicht für möglich gehalten hätten.

Forstpavillon | Quelle: ICD/ITKE/IIGS Universität Stuttgart
FJ: Seeigel dienten als Vorbild für das Gebäude. Wie kann ich mir das vorstellen? Stacheln hat die Fassade auf den ersten Blick zumindest nicht.
RM: Als Vorbild diente der Sanddollar, eine spezielle Gattung unter den Seeigeln. Dieser verfügt über ein plattenartiges Skelett, bei dem die einzelnen Plättchen hoch komplex miteinander verzahnt sind.
FJ: Haben Sie aktuell weitere vergleichbare Projekte, an denen Sie beteiligt sind?
RM: Ein weitergehendes, aufbauendes Forschungsprojekt gibt es mit der Uni Stuttgart, welches sich vertieft auf die Themen „Regional, Ressourcen, Recycling“ bezieht. Dazu kommt ein weiteres, in dem „Roboter und Mensch“ als gemeinsames Team im Fokus stehen.
FJ: Welchen Stellenwert spielen Auszeichnungen, wie Sie sie für den Forstpavillon erhalten haben, für Sie als Unternehmen, aber auch für die Akzeptanz der Holzbauweise ganz allgemein?
RM: Einen hohen Stellenwert, da durch solche Preise auch für „Nicht-Holzbauer“ Interesse geweckt wird bzw. der Holzbau ein Aufhorchen erzeugt. Des Weiteren wird aufgezeigt, dass der Holzbau auch im „Handwerk 4.0“ bereits schon so weit sein kann, wie es die „Industrie 4.0“ gerne hätte.
FJ: Was erwarten Sie für die Holzindustrie und den Holzbau in diesem Jahr? Gibt es Trends, die den Markt bestimmen werden?
RM: Ein Trend in der Holzindustrie geht auf Steigerung der Massivholzbauweise, jedoch auf einen noch intelligenteren, materialschonenden Einsatz in Verbindung mit aufgelösten Konstruktionen. Im Holzbau wird die ganzheitliche Kompetenz vom Entwurf über Engineering zum Holzbau-Generalunternehmer/Investor zum bedeutenden Faktor.