Eine Alternative zum 150-Seiten starken Entwurf eines Gebäudeenergiegesetzes auf drei Seiten? So mancher, der die Meldung der DGNB vor zwei Wochen in seinem E-Mail-Postfach oder in der Presse gelesen hat, dürfte erstmal gestutzt haben. Geht das? Wir sind überzeugt: Ja, das geht! Und mit der Meinung sind wir nicht allein, wie die vielen positiven Reaktionen zeigen.
Damit haben wir unser erstes Ziel bereits erreicht: Wir haben eine aktiven Diskurs zum Thema gestartet. Ein Diskurs, den wir in den kommenden Monaten vertiefen wollen, etwa am 21. März bei einer Diskussionsveranstaltung im Rahmen der Light + Building in Frankfurt oder einen Tag später am 22. März in Berlin bei einer Fachkonferenz der Deutschen Umwelthilfe.
Warum sich die DGNB für ihre eigene Variante des GEG stark macht
Wir stehen gesellschaftlich, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, vor einer großen Aufgabe: Wie können wir die Auswirkungen des menschgemachten Klimawandels, so gut es eben geht, begrenzen? Ein wesentlicher Schlüssel ist die drastische Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Dem Bau- und Immobiliensektor kommt dabei eine zentrale Rolle zu, ist er doch ein wesentlicher Verursacher dieser Emissionen.
Es geht darum, Potenziale auszuschöpfen, die heute ungenutzt sind. Ein wesentlicher Hebel dabei sind gesetzgeberische Vorgaben. Die Bundesregierung hat mit der geplanten Zusammenlegung von EnEV, EnEG und EEWärmeG einen Schritt in die richtige Richtung gemacht, nur ist der daraus entstandene Entwurf eines Gebäudeenergiegesetzes, wie er Anfang 2017 vorgestellt wurde, nicht das, was es nach Auffassung der DGNB braucht.
Wir benötigen einen neuen, zielorientierten Ansatz, bei dem vom Ziel her gedacht wird. Wir benötigen ein wirkungsvolles, einfaches und verständliches Instrument, das zum Erreichen der Klimaschutzziele beiträgt. Genau das ist es, was wir mit der Formulierung des Gebäude-Emissions-Gesetzes 2050 (GEG 2050) schaffen wollen.
Das auf drei Seiten komprimierte Papier dient dabei als Diskussionsgrundlage, von der aus weitergearbeitet werden kann. Selbstverständlich fehlt hier noch eine umfangreiche Prüfung im Hinblick auf wissenschaftliche Feinheiten und rechtliche Rahmenbedingungen mit Blick auf die konkrete Ausformulierung. Doch uns geht es zunächst darum, die verschiedenen Akteure bei der gemeinsamen Aufgabe zu vereinen, ohne sich bereits am Startpunkt zu sehr in technischen Details zu verlieren.
Was drinsteht im GEG 2050
Uns ging es bei der Entwicklung des GEG 2050 natürlich nicht nur darum, 150 durch 50 zu teilen und bei 3 zu landen. Auch inhaltlich stecken zentrale Forderungen der DGNB im Entwurf, die zeigen, wie wir die bestehenden gesetzgeberischen Vorgaben verändern müssen, um die gewünschten und notwendigen Wirkungen zu erzielen.
- Dabei geht es zum einen um eine Veränderung der Zielgröße: Statt wie bisher auf den Primärenergiebedarf zu schauen, plädieren wir für die Zielgröße „CO2-Emission“.
- Die Bewertung muss nach Auffassung der DGNB anhand von absoluten CO2-Emissions-Grenzwerten erfolgen. Bislang ist die Bezugsgröße ein theoretisches Referenzgebäude.
- Wenn die Zielvorgaben nicht erfüllt werden, ist eine CO2-Abgabe zu leisten.
- Schließlich müssen bei allen Bewertungen, Vorgaben und Steuerungsmechanismen real gemessene Verbrauchsdaten als Grundlage dienen.
Erstes Feedback aus dem Markt
Gut fünf Wochen nach der Veröffentlichung sehen wir, dass wir mit dem Thema offensichtlich einen Nerv getroffen haben. Es beschäftigt die Branche, wie die Berichterstattung in der Fachpresse und die Vielzahl der persönlichen Rückmeldungen zeigen.
Diese reichen von übergeordneten Einschätzungen als „sehr gutes Strategiepapier“, von Zustimmungen im Sinne von „Ihre Kernforderungen können und werden wir voll und aktiv unterstützen“ bis hin zu detaillierten Auseinandersetzungen mit inhaltlichen Details. Uns freuen die positiven genauso wie die kritischen Stimmen, denn sie helfen uns, die Forderungen zu präzisieren.
Und genau hier möchten wir den Aufruf in die Fachöffentlichkeit hinein nochmal bestärken. Helfen Sie uns, dass aus diskussionswürdigen Punkten, konsensfähige Formulierungen werden, die das Ziel nicht schwächen, sondern das GEG 2050 noch anwendbarer machen. Egal auf welchem Weg Ihr Feedback zu uns gelangt, per Mail, telefonisch, in einem persönlichen Gespräch oder auf einer der zuvor genannten Veranstaltungen: Wir freuen uns, wenn wir gemeinsam etwas bewegen können. Lassen Sie uns Impulse setzen und den Status Quo zum Positiven verändern!
Treffen Sie uns am 21. März auf der Light+ Building in Frankfurt und melden Sie sich zu folgender Diskussionsveranstaltung an: DGNB Statement „GEG 2050 – Alternativer Entwurf zum Gebäudeenergiegesetz“ und das neue DGNB Klimaschutz-Rahmenwerk.
Los geht es um 14:00 Uhr; das Ende ist für 16:30 Uhr geplant.
Zur Anmeldung
Sehr geehrtes DGNB-Team,
ich begrüße den Vorschlag der DGNB zur Neuausrichtung des künftigen GEG an der Zielgröße „CO2-Emission“. Vor dem Hindergrund der EPBD möchte ich noch folgende Punkte anmerken:
In der EPBD heißt es bezüglich Gesamtenergieeffizienz, dass es
sich dabei um eine Energiemenge handelt, die notwendig ist, um ein
Gebäude an einem bestimmten Standort mit einer bestimmten Nutzung
betreiben zu können. Nachdem an einer weiteren Stelle in der EPBD auch
verlangt wird, den Primärenergiebedarf anzugeben, ist mit der zitierten
Energiemenge wohl nicht der Primärenergiebedarf gemeint, sondern
vielmehr der Endenergiebedarf oder hinkünftig der Lieferenergiebedarf.
Nachdem die letzten beiden Größen allerdings primär technologiegesteuert
sind und damit keinerlei Aussage über Ressourcenschonung und
Klimaschutz beinhalten, ist es einerseits unabdingbar, Primärenergiebedarf
und Kohlendioxidemissionen anzugeben und andererseits technologieabhängig
eine Aussage über die Energieeffizienz zu geben. Dazu ist es
notwendig, Energieeffizienz zu definieren.
Unangenehmerweise beinhaltet der Endenergiebedarf eines Gebäudes in keiner Weise eine Berücksichtigung der „Wertigkeit“ der eingesetzten Energie, was bedeutet, dass Gebäude, dessen Wärmebereitstellungssystem auf einer Wärmepumpe basiert, einen sehr niedrigen Endenergiebedarf aufweist, hingegen dasselbe Gebäude, dessen Wärmebereitstellungssystem auf einem Biomassekessel basiert, einen sehr hohen Endenergiebedarf aufweist. Aus der Sicht von Ressourcenschonung und Klimaschutz, aber möglicherweise auch aus der Sicht der Kosten für Energie könnte eine ausschließliche Berichterstattung über den Endenergiebedarf missverständlich ausfallen und die falschen Signale setzen. Nimmt man bereits den nächsten Normenschritt vorweg und wechselt
vom Endenergiebedarf auf den Lieferenergiebedarf, könnte dies unter Umständen
sogar dazu führen, dass ein thermisch schlechteres Gebäude mit höherem
Energieertrag vor Ort einen niedrigeren Lieferenergiebedarf aufweist als ein
thermisch besseres Gebäude mit geringerem oder gar keinem Energieertrag vor
Ort. Daraus ist bereits zu erkennen, dass hinkünftige Anforderungen wohl
sinnvollerweise zumindest in dualer Form – nämlich einerseits die thermische
Qualität des Gebäudes beurteilend und andererseits die energetische Qualität
des Gebäudes – vorliegen müssen. Ob bzw. wann dies in weiterer Folge durch
Anforderungen aus dem Bereich Ressourcenschonung (Primärenergiebedarf)
und Klimaschutz (Kohlendioxidemissionen) ergänzt werden wird, liegt einerseits
in der Verlässlichkeit der Konversionsfaktoren für die beiden Größen und
andererseits an der Höhe der gesetzten Ziele.
Bei der Gestaltung des GEG und der ihm zugrunde liegenden Anforderungen
sind demnach mindestens folgende Eckpunkte zu berücksichtigen:
– Ergänzung der Energiekennzahlen um den Primärenergiebedarf PEB
(sowohl „gesamt“ also auch anteilig „erneuerbar“ und „nicht erneuerbar“)
und um die Kohlendioxidemissionen CO2, um sowohl über Ressourcenschonung
als auch Klimaschutz Aussagen zu treffen.
– Gleichzeitiges HWB-, PEB und CO2- und EEB-Labeling
– Hinzufügung eines Defaultwertes für den Haushaltsstrombedarf HHSB
bzw. den Betriebsstrombedarf BSB, um für den Konsumenten eine
möglichst umfassende Information zu bieten.
Grundsätzlich darf festgehalten werden, dass gegen die Beibehaltungs-Variante
die Unzulänglichkeit des PEB (nicht erneuerbar) als Aussage über die Gesamtenergieeffizienz (NZEB) spricht, gegen die Hinzufügung von PEB (gesamt) und CO2 allenfalls noch in Diskussion stehende Konversionsfaktoren bzw. möglicherweise grundsätzlich die vermutlich dynamische Änderung der Konversionsfaktoren – dies würde zu unterschiedlichen Ausstellungs zeitpunkten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
In Österreich wurde z.B. die Energieeffizienz durch den Faktor fGEE definiert. Der Vorteil dieser Größe ist die Unabhängigkeit von Standort, die Unabhängigkeit
von der charakteristischen Länge und die Unabhängigkeit vom eingesetzten
Energieträger. Vorteile der österreichischen Lösung:
– HWB berücksichtigt den Aspekt des Wärmeschutzes
– PEB (gesamt) berücksichtigt den Aspekt der Ressourcenschonung
– CO2 berücksichtigt den Aspekt des Klimaschutzes
– fGEE berücksichtigt den Aspekt der Energieeinsparung