Nachhaltigkeit voranzutreiben – auch im Bauwesen – ist selbsterklärtes Ziel der Europäischen Union. 2019 startete deshalb mit LIFE Level(s) ein Projekt, um Sensibilität für das Thema sowohl bei einer interessierten Öffentlichkeit, als auch in den am Bau von Gebäuden beteiligten Akteursgruppen zu schaffen. Aus den Erkenntnissen des bis Ende 2022 angesetzten Projekts sind bereits einige Tools und Publikationen für die Praxis hervorgegangen. Grund genug, eine Zwischenbilanz zu ziehen.
Wie in der Europäischen Union gebaut und gewirtschaftet wird, ist nicht besonders nachhaltig: Würden alle leben wie Menschen in der EU, würde die Weltbevölkerung 3,2 Erden benötigen, um den Bedarf an Rohstoffen und Ökosystemdienstleistungen zu stillen (Berechnungsgrundlage sind die aktuellen Daten zu den länderspezifischen Overshoot Days). Mit Blick auf den Klimawandel und Ressourcensicherheit will die EU das ändern und einen Übergang in eine ressourcenschonende, nachhaltige Kreislaufwirtschaft anstoßen.
Für den Bausektor ist hier besonders das 2020 veröffentlichte EU Rahmenwerk Level(s) relevant. Es definiert, was Nachhaltigkeit EU-weit in Bezug auf Gebäude überhaupt bedeutet und wie sie dokumentiert werden soll. Das Rahmenwerk stützt sich dabei auf sechs übergeordnete Ziele:
- Evaluation von Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes
- Analyse des Lebenszyklus von Materialien
- Verbesserung der Wassernutzungseffizienz
- Förderung gesunder und komfortabler Räume
- Verbesserung von Klimaanpassungen und -resilienz
- Betrachtung von Lebenszykluskosten eines Gebäudes
LIFE Level(s)
Für diese sechs übergeordneten Ziele werden im Level(s) Rahmenwerk insgesamt 16 Indikatoren benannt. Bei den Indikatoren Lebenszyklusanalyse (abgekürzt aus dem Englischen LCA), Lebenszyklus-Kostenrechnung (abgekürzt aus dem Englischen LCC) und Innenraumluftqualität (abgekürzt aus dem Englischen IAQ) handelt es sich um Schlüsselindikatoren, die bei dem Projekt Life for LCA LCC Level(s) (kurz: LIFE Level(s)) besondere Beachtung finden. Neben der DGNB beteiligen sich sieben weitere Green Building Councils aus Europa an LIFE Level(s). Ziel des Projekts ist es, nachhaltige Gebäude in Europa durch ein größeres Bewusstsein und durch die Verwendung des Level(s)-Rahmenwerks für die Berichterstattung von Nachhaltigkeitsqualitäten von Gebäuden stärker in den Mitgliedsstaaten der EU zu etablieren.
Ein besonderer Fokus des Projekts liegt auf den Themen Planung und Beschaffung – insbesondere durch öffentliche Institutionen: Durch das Einbinden in den frühen Planungsphasen, kann das Potenzial der Indikatoren mit Hilfe des Level(s)-Berichtsrahmens optimal ausgeschöpft werden. Insbesondere der öffentlichen Hand kommt aufgrund des großen Beschaffungsvolumens, der damit einhergehenden Hebelwirkung sowie ihrer Vorbildfunktion eine zentrale Rolle im LIFE Level(s) Projekt zu.
Um die Integration der Indikatoren in der Praxis zu erleichtern, hat die DGNB eine Handreichung zur nachhaltigkeitsorientierten Planung und Beschaffung entworfen, die unter anderem zwei Checklisten mit konkreten Maßnahmen und Handlungsanweisungen enthält. Die Handreichung kann hier kostenfrei heruntergeladen werden.
Eine Branche im Umschwung
Wie die Indikatoren und übergeordneten Ziele berücksichtigt werden können, vermittelten zudem drei Pilotschulungen der DGNB für Bauproduktehersteller, Planende und Bauausführende sowie für Städte und Kommunen, deren Feedback spannende Einblicke in die Entwicklung der Branche bietet: „Die Schulungen stießen auf große Resonanz und zeigten deutliche Anzeichen für eine Branche im Umschwung mit Willen zur Transformation“, resümiert Dr. Anna Braune, Abteilungsleiterin Forschung und Entwicklung bei der DGNB. „Uns freut, dass wir im Rahmen des LIFE-Level(s)-Projekts zahlreiche Akteure aus der Bau- und Immobilienbranche mit dem Level(s)-Berichtsrahmen vertraut machen und das Bewusstsein für die Lebenszyklusbetrachtung in Planungs- und Beschaffungsprozessen schärfen konnten. Auch zeigt das große Interesse an dem Thema, dass weitere Angebote notwendig sein werden, um die komplexen und sich ständig weiterentwickelnden Rahmenbedingungen einfach herunterzubrechen und für die Praxis nutzbar zu machen“.
Best Practice Guide
Alle, die auf der Suche nach Beispielen sind, bei denen die Integration von mindestens einem der drei Indikatoren bereits erfolgreich umgesetzt ist, werden im Best Practice Guide fündig. Dieser wurde kürzlich gemeinsam von allen Projektpartnern veröffentlicht und stellt neun Beispiele aus Europa vor, darunter zwei aus Deutschland. Zu der Vorstellung der Beispiele gehört auch eine Zusammenfassung der Erfahrungen aus dem Planungs- und Beschaffungsprozess bei den Projekten. Der Guide kann hier (ebenfalls kostenfrei) heruntergeladen werden.
Weitere Informationen finden Sie hier.