Wie funktioniert die nachhaltige Transformation im Bauen? Eine einfache Frage deren Antwort jedoch alles andere als trivial ist. Nachhaltigkeit und Klimaschutz nehmen täglich an Relevanz zu. Doch wie gelingt es, dass dem breiten Zuspruch auch sinnvolle Aktivitäten folgen? Wie genau sieht unsere Zielvision eigentlich aus? Welche Akteure nehmen Schlüsselrollen ein? Diese und weitere Fragen standen im Fokus der diesjährigen DGNB Auftaktveranstaltung zur World Green Building Week. Ein Rückblick in Zitaten.
Mehr als 80 Events zählte die Global Activity Map des World Green Building Councils, der internationalen Dachorganisation für nachhaltiges Bauen, für die Aktionswoche. Eine Woche, die die Öffentlichkeit für die Chancen sowie die Notwendigkeit einer nachhaltigen Bauweise sensibilisieren sollen. Der perfekte Rahmen also, um die zentrale Frage nach dem „Wie“ der Transformation zu diskutieren – lösungsorientiert versteht sich. Denn zum Problemwälzen war an diesem Abend kein Raum.
Nachhaltige Transformation durch Utopien

Am Rande des Events haben wir mit Stella Schaller im Interview noch einmal vertieft über das Prinzip der Realutopien gesprochen.
Warum, das brachte bereits der Einstiegsimpuls der Transformationsforscherin Stella Schaller (Reinventing Society – Zentrum für Realutopien) auf den Punkt. Für sie ist utopisches, visionäres Denken ein zentrales Transformationstool. Es gehe um „die Fähigkeit positive Zukunftsbilder, zu entwickeln, zu kommunizieren, erfahrbar zu machen und Menschen mitzunehmen. Zukunftsbilder an denen man sich orientieren kann, die einen ausrichten“. Gerade im Baubereich seien Utopien inspirierend, „weil nichts so sichtbar ist, so unmittelbar wie unser eigenes Lebensumfeld“. Im Fokus stehe die Frage nach dem ‚Eigentlichen‘. Wie wollen wir eigentlich leben und bauen? Was für eine Gesellschaft würde entstehen, wenn wir uns in jedem Sektor die Vision des bestmöglichen vor Augen führen – und die Vision als Orientierung für unsere Handlungen nehmen? Es ist ein Appell zur Kombination relevanter Daten und Fakten mit emotional Aktivierendem.
Ein spannender Denkansatz, der auch bei den Referenten des Podiums einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat, wie die Vielzahl an folgenden Referenzen andeutete. Welche Ansätze die Vertreter aus Politik, Industrie, Kommunen sowie der Immobilienwirtschaft selbst verfolgen, zeigte die anschließende Podiumsdiskussion, in der Ideen und Konzepte vorgestellt, diskutiert und kritisch hinterfragt wurden. Es ging um Fragen der richtigen Förderung, die Rolle der verschiedenen Akteure, Nachverdichtung und Sanierung, den Aspekt der Wirtschaftlichkeit, Suffizienzgedanken und mehr. Alle die, die den Diskurs noch einmal in voller Länge verfolgen wollen, finden hier den Mitschnitt der Veranstaltung:
Das Event in 10 Zitaten
Für alle anderen haben wir einige zentrale Aussagen des Abends herausgegriffen. Zu Wort kommen hier neben den Referenten Prof. Thomas Auer (Geschäftsführer, Transsolar Energietechnik GmbH), Jürgen King (Hauptabteilungsleiter Bau-, Umwelt- und Energiemanagement, Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG), Andrea Lindlohr MdL (Staatssekretärin, Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg) sowie Hilmar von Lojewski (Beigeordneter des Deutschen Städtetages und des Städtetages Nordrhein-Westfalen für Stadtentwicklung, Bauen, Wohnen und Verkehr), auch Impulsgeber aus dem DGNB Netzwerk, die sich per Videostatement geäußert haben.
Jürgen King: „Ziel muss es jetzt sein, einfach in einem Cradle-to-Cradle-Prozess mal nachzudenken, dass das Gebäude eigentlich ein Rohstoffdepot ist und nichts anderes. Da müssen wir hinkommen. Das ist das Neue.“
Prof. Thomas Auer: „Da müssen wir einfach auch Förderkriterien mit dem Nachweis im Betrieb verknüpfen. Ich glaube, das können wir nicht länger akzeptieren, dass die Gebäude nicht leisten, was wir versprechen und was wir planen.“
Hilmar von Lojewski: „Ich habe ein wichtiges Stichwort wieder aufgenommen, das mir durchaus geläufig ist. Das ist die Internalisierung der externen Kosten. Und jeder, der etwas baut, etwas besitzt, etwas fährt, sprich sich des Ressourcenverbrauchs bedient für sein Leben, der muss die Kosten dafür auch tragen.“
Mette Qvist (Green Building Council Denmark): „Der Schlüssel zu einer nachhaltigen Transformation im Bauen liegt in der Aktivierung der gesamten Wertschöpfungskette mit ambitionierten Zielen und Maßnahmen.“
Ursula Hartenberger (Climate Positive Europe Alliance): „Wir müssen weg mit den Silos im Kopf und in der Projektplanung und -umsetzung, hin zu einem Lebenszyklusdenken, das nicht nur auf die eigene Lebenszyklusphase abzielt und die eigenen Interessen fokussiert ist.“
Andrea Lindlohr MdL: „Ich bin ganz fest der Überzeugung, dass tatsächlich, wie von Ihnen angesprochen, die politischen Rahmenbedingungen ganz entscheidend sind. Es gibt viele Dinge, die kann man als einzelner Akteur nicht regeln. Dafür brauchen wir kollektive Verabredungen. Und der Kern der kollektiven Verabredungen sind demokratische Beschlüsse.“
Hilmar von Lojewski: „Die Mühen der Ebene liegen im privaten Wohngebäudebereich. Und wenn wir die nicht angehen, dann werden wir 2045 nicht geliefert haben.“
Prof. Thomas Auer: „Das wäre mein Wunsch an die Politik, dass man wirklich Standards hinterfragt.“
Amandus Samsøe Sattler (Allmann Sattler Wappner Architekten/ DGNB Präsident): „Die nachhaltige Transformation funktioniert dann, wenn wir Lust haben vieles, was gängig ist, in Frage zu stellen – vor allem unsere Ansprüche, die meist von der Industrie geschürt sind und von uns freudig angenommen werden.“
Peter Engert (Österreichische Gesellschaft für nachhaltige Immobilienwirtschaft): „Seit dem EU-Green-Deal ist Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft kein ‚Nice to have‘, sondern ein Muss.“
Auf den Punkt gebracht: Impulse in Kurzstatements
Im Anschluss an die Veranstaltung haben die Referenten ihre Ansätze, wie eine nachhaltige Transformation im Bauen gelingen kann, noch einmal prägnant auf den Punkt gebracht. Die kurzen Videostatements finden Sie hier: