Glaubt man den Aussagen und Slogans vieler Firmen und Politiker, könnte man meinen, wir seien bereits auf dem besten Weg, das Weltklima zu retten – und dabei auch fast am Ziel. Die Realität sieht anders aus: Zuletzt zeichnete der UN-Generalsekretär António Guterres die Metapher eines Klima-Highways, auf dem die Menschheit mit dem Fuß auf dem Gaspedal in Richtung Kollaps rast. Mit an Bord: die Bau- und Immobilienbranche, die für mehr als ein Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Mit ihrem „Wegweiser Klimapositiver Gebäudebestand“ möchte die DGNB Akteursgruppen aus der Branche deshalb konkrete Maßnahmen aufzeigen, wie der Gebäudebestand einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten kann und somit den Druck von Guterres‘ metaphorischem Gaspedal nehmen.
Um die globalen und europäischen Klimaziele zu erreichen, müssen die Treibhausgasemissionen drastisch gesenkt werden. Die neue DGNB Publikation gibt Akteursgruppen der Immobilienbranche konkrete Maßnahmen an die Hand, wie diese Emissionen im Gebäudebestand reduzieren können – und das im praktischen Checklistenformat. Um das komplexe Thema zu veranschaulichen und strukturiert anzugehen, teilt sich der „Wegweiser Klimapositiver Gebäudebestand“ in drei Teile.
Teil 1 – Für den schnellen Einstieg
Teil 1 des neuen DGNB Reports ist sowohl als PDF als auch in gedruckter Form erhältlich. Die Publikation gibt zunächst einen Überblick darüber, wie es um den Status quo der Klimapolitik und den Gebäudebestand steht. Dabei macht der Report von Anfang an klar: die Technologien und das Wissen sind vorhanden, die Potenziale enorm, die Kosten des Abwartens wären größer als die Kosten des Umsetzens.
Basierend auf dem Status quo werden in dem Report strategische Ziele und Handlungsfelder vorgestellt aus den Bereichen
- Energie,
- Bestandserhalt, Ressourceneinsatz und Zirkularität,
- Baustellenprozesse und klimapositive Materialien sowie
- politische und finanzielle Rahmenbedingungen.
„In diesen Bereichen besteht akuter Handlungsbedarf. Im ersten Teil des Wegweiser stellen wir daher 50 Top-Maßnahmen vor, die zu einer starken Reduktion der Treibhausgasemissionen führen und deshalb priorisiert angegangen werden sollten, um den Gebäudebestand in der Breite schnell in die Klimapositivität zu führen“, erläutert Dr. Anna Braune, Leiterin der Abteilung Forschung und Entwicklung bei der DGNB. Für eine größere Nutzerfreundlichkeit sind die Maßnahmen im Checklistenformat gehalten. Zusätzlich bietet Teil 1 des Wegweisers abschließend eine Zusammenstellung von Hilfsmitteln, um ins konkrete Handeln zu kommen bzw. dabei zu unterstützen. Angesprochen von der Publikation sind alle Akteursgruppen der Bau- und Immobilienbranche, aber auch Entscheidungstragende aus Politik, Finanzwesen und Wissenschaft sowie allgemein am Thema interessierte Personen.

Blick in die neue DGNB Publikation.
Teil 2 – Der komplette Maßnahmenkatalog für den vertieften Einstieg
Beim zweiten Teil handelt es sich um einen ausführlichen Katalog, der zusätzlich zu den Top-50-Maßnahmen fast 300 weitere Maßnahmen enthält, die für eine vollständige Ausrichtung des Gebäudesektors auf Klimapositivität relevant sind. Analog zu Teil 1 sind alle Maßnahmen tabellarisch sortiert und zu jeder Maßnahme werden alle beteiligten Akteursgruppen benannt. Zusätzlich wird in Teil 2 angegeben, was konkret gemacht werden muss, wie groß der jeweilige Klimaeffekt ist und wie sich die Umsetzbarkeit gestaltet.
Basierend auf diesen Einordnungen wird eine Priorisierung der Maßnahmen angegeben. Beispielsweise werden besonders gute Maßnahmen als „Super-Maßnahmen“ mit einem Stern markiert und die Top-50-Maßnahmen zusätzlich mit einem Ausrufezeichen hervorgehoben. „So erkennen die verschiedenen Akteursgruppen auf einen Blick, wo die ‚dicken Bretter‘ liegen, die einen sehr großen Klimaeffekt haben und sofort Wirksamkeit zeigen, und können sich darauf fokussieren“, führt die DGNB-Expertin aus. „Um eine vollständige Ausrichtung des Gebäudesektors auf Klimapositivät zu erreichen, sind jedoch auch die weiteren Maßnahmen unumgänglich, die in Teil 2 aufgelistet sind“.
Der umfangreiche Maßnahmenkatalog erlaubt einen detaillierten Abgleich mit dem eigenen Handeln. So können alle Beteiligten für sich eingrenzen, welche Maßnahmen im eigenen Unternehmen, bei den eigenen Gebäuden oder im eigenen Handlungsbereich umgesetzt werden können.
„Wir haben die Maßnahmen aus über 70 Studien zusammengetragen und ergänzt. Besonders hilfreich waren hier die Anregungen und das Feedback vieler aktiver Expertinnen und Experten aus dem DGNB Netzwerk sowie den DGNB Gremien, die neben der wissenschaftlichen Theorie ihr Praxiswissen eingebracht haben“, erklärt Lea Hagenlocher, die u.a. die #BuildingLife Workshopreihe „Participate. Discuss. Act“ organisiert hat, aus denen viele Impulse aus der Praxis für die Publikation gekommen sind.
Gemeinsam mit Teil 1 bildet der nur als PDF verfügbare Teil 2 die Einheit „Unser gemeinsamer Weg“ und richtet sich an alle, die sich detaillierter mit dem Thema auseinandersetzen.
Teil 3 – Akteursspezifische Maßnahmenprogramme
Der dritte Teil der Publikation richtet sich explizit an verschiedene Akteursgruppen – entsprechend ist dieser Abschnitt im “Wegweiser Klimapositiver Gebäudebestand“ überschrieben mit „Mein Beitrag“. Anders als Teil 1 und 2 handelt es sich beim dritten Teil der neuen DGNB Publikation nicht um eine einzelne, alleinstehende Teilveröffentlichung. Vielmehr wird in Teil 3 einzeln für verschiedene Akteursgruppen gefiltert ausgegeben, welche Maßnahmen aus Teil 2 spezifisch für eine jeweilige Akteursgruppe zugeschnitten sind. Für eine einfache Handhabung sind die Maßnahmenprogramme als Checkliste konzipiert, ergänzt mit konkreten, spezifischen Zielbildern und Orientierungspunkten. Sie stehen einzeln als Download zur Verfügung.
Bisher sind spezifische Maßnahmenprogramme für die Akteursgruppen „Eigentümer und Bestandshalter“, „Planende und Bauausführende“ sowie „Hersteller“ verfügbar. Weitere Gruppen sollen folgen.
Endlich anfangen
Die Prozesse und Abläufe in der Bau- und Immobilienbranche sind oft langwierig. Umso wichtiger ist es, mit dem Ziel vor Augen einen Schritt nach dem anderen zu gehen und jetzt damit anzufangen. Der DGNB „Wegweiser Klimapositiver Gebäudebestand“ bietet allen involvierten Akteursgruppen und Interessierten eine Hilfestellung, den Überblick zu behalten und sofort zielorientiert zu handeln. Dr. Anna Braune: „Wir müssen gemeinsam Ziele setzen, Aufgaben erkennen, Hürden abbauen, zusammenarbeiten und mit den richtigen Maßnahmen jetzt effektiv handeln“.
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Der Wegweiser ist im Rahmen der #BuildingLife-Kampagne entstanden. Federführend bei dem Projekt war die Abteilung Forschung und Entwicklung der DGNB, die für Anmerkungen, Anregungen und Fragen zur Verfügung steht.