Wie groß ist der CO2-Fußabdruck eines Gebäudes? Wie viel graue Energie verursacht es? Wer eine verbindliche und ehrliche Antwort erhalten will, braucht ein passendes Werkzeug. Die Methode der Ökobilanzierung ist ein effektiver und praxiserprobter Weg um herauszufinden, wie verschiedene Konstruktionen, Energiekonzepte, Bauteile und -produkte über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg auf die Umwelt wirken. Deshalb hat die DGNB schon immer – als weltweit erstes Zertifizierungssystem überhaupt – die Ökobilanzierung von Gebäuden in ihre Bewertung aufgenommen.
Was lässt sich aus einer Ökobilanz überhaupt herauslesen? Gebäude verursachen in allen Phasen ihres Lebens Emissionen und benötigen Ressourcen. Bei Rohstoffgewinnung, Verarbeitung, Nutzung, Instandhaltung, Transport oder Entsorgung. Für die Bilanz werden die eingesetzten Mittel, sämtliche Ressourcen- und Energieverbräuche und anfallenden Schadstoffe für den gesamten Lebenszyklus, also von der Wiege bis zur Bahre, zusammengerechnet und in aussagekräftige Umweltkennzahlen zusammengefasst. In vier Schritten wird die Ökobilanz errechnet:
Methodik der Ökobilanz

Im Anfang 2018 veröffentlichten Leitfaden finden sich u.a. Best-Practice-Beispiele zur Visualisierung der Ergebnisse.
1. Schritt: Wieviel Holz, wieviel von welchem Dämmmaterial, wieviel Aluminium, Beton und Linoleum, etc. werden verwendet? Im ersten Schritt werden alle Massen der im Gebäude geplanten oder eingesetzten Bauteile ermittelt. Werden einzelne Materialien vor Lebensende des Gebäudes ausgetauscht? Auch das findet Einzug in die Ökobilanz.
2. Schritt: Wie viel Energie wird benötigt? Im nächsten Schritt werden Energieverbräuche und Energieträger im (geplanten) laufenden Betrieb aus Energieausweis oder Energiebedarfsrechnungen aufgelistet. Mit in die Bilanz fließt daneben die graue Energie, also die Energie, die für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung der Produkte benötigt wird.
3. Schritt: Die ermittelten Massen und Energieströme werden mit den von den Herstellern bereitgestellten EPDs (Umweltproduktdeklarationen) oder den Daten der Online-Datenbank „ÖKOBAUDAT“ kombiniert. Diese Datenbank wird vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) kostenlos bereitgestellt und stellt eine vereinheitlichte Datenbasis zur Verfügung. Dass viele Hersteller heute EPDs verwenden ist nicht selbstverständlich und zeigt, was sich in den letzten zehn Jahren bereits am Selbstverständnis in puncto Nachhaltigkeit getan hat.

Mit dem Kriterium fördert die DGNB eine konsequent lebenszyklusorientierte Planung.
4. Schritt: Nun werden die Summen für alle ausgewählten Ökobilanzindikatoren gebildet. Die DGNB empfiehlt die Verwendung von aktuell sieben Indikatoren, die relevante Umweltthemen adressieren. Diese sind u.a. Klimawandel (Treibhauspotenzial GWP), Sommersmog (Ozonbildungspotenzial POCP), Waldsterben (Versauerungspotenzial AP), Nährstoffüberschuss (Überdüngungspotenzial EP) und Verbrauch fossiler und erneuerbarer Energieträger (Primärenergie PE). So erhält man verbindliche Aussagen darüber, wie groß z.B. der CO2-Fußabdruck des Gebäudes ist.
Ökobilanz als Optimierungs- und Entscheidungshilfe
Wirklich sinnvoll ist eine Ökobilanz, solange Rohbau, Fassade und die einzelnen Bauteile mit geringem Aufwand abgeändert werden können. Deshalb bewertet es die DGNB positiv, wenn sie in der frühen Planungsphase erstellt wird. Ebenso wird belohnt, wenn Ökobilanzen planungsbegleitend und regelmäßig erstellt werden und die Ergebnisse erörtert und kommuniziert werden. Sind die Ergebnisse gut aufbereitet, können sie im Planungsprozess als Argumentationshilfe für ökologisch sinnvollere Entscheidungen dienen.
Ebenso hilft die Ökobilanz, alternative Lösungen fundiert abzuwägen. Auf dem Markt gibt es eine Vielzahl „grüner“ Produkte. Das macht es nicht einfacher, Entscheidungen für wirklich umweltfreundliches Bauen zu treffen. Positiv fließt es in die Bewertung ein, wenn Variantenberechnungen erstellt werden und der energetische Betrachtungsrahmen über den der Energieeinsparverordnung (EnEV) hinausgeht. Das alles zeigt: Eine Lebenszyklusanalyse lohnt sich. Schließlich zeigt sie Möglichkeiten auf, Gebäude mit höherer Qualität und besserer Effizienz zu kreieren.
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