Architektur, DGNB, Nachhaltiges Bauen
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Weiße Keramik für die Hafencity

Der Turm Watermark bildet zusammen mit zwei weiteren Gebäuden eine Art Quartier im Quartier in der Hamburger Hafencity. Doch wer für den Vorzeigestadtteil der Hansestadt baut, findet nicht nur einen komplexen architektonischen Kontext vor – sondern auch ganz besondere Baubedingungen.

Die Hamburger Hafencity ist eines der eindrucksvollsten Bauvorhaben Europas. Seit den 90er Jahren läuft die Planung für das größte innerstädtische Stadtentwicklungsprojekts des Kontinents. Eine Gesamtinvestitionssumme von ca. 13 Milliarden Euro ist veranschlagt. Planer sprechen von einer Modellwirkung für Städte am Wasser.

Bereits von Anfang an mussten Hansestadt und Planungsbeauftragte langfristige Entscheidungen treffen. Ein Fokus auf Nachhaltigkeit war daher der DNA der Planungsrichtlinien eingeschrieben. Auch für das Ensemble aus dem Turm Watermark, dem Wohngebäude Freeport und dem Bürogebäude Shipyard galt die Maxime der Integration in das Konzept der Hafencity, ohne dadurch Individualität aufzugeben. Das Elbtorquartier, in dem sich das Baugrundstück des Projekts befindet, ist überdies ein ganz besonderer Ort. Das Gelände verläuft an zwei Seiten direkt am Wasser. Direkt daneben befindet sich das südliche Überseequartier, ein Herzstück der gesamten Hafencity mit Kreuzfahrtterminal.

Relevant für die Gesamtperformance des Projekts: die Gestaltung der Außenbereiche. © Jochen Stüber Hamburg

Quartier im Quartier

Die Ausgangslage für das Büro Störmer Murphy and Partners, die verantwortlichen Architekten, war also komplex, gleichzeitig ungemein spannend. Architekt Jan Störmer kann die Grundidee dennoch in einem Satz unterbringen: „Drei völlig unterschiedliche Baukörper bilden durch die strahlendweiße Keramik als verbindendes Fassadenmaterial und eine spannungsreiche städtebauliche Gesamtkomposition ein kleines Quartier mit einem homogenen Charakter und einer eigenständigen Identität.“ Entstanden ist ein Gebäudeensemble, bestehend aus einem rund 70 m hohen Turm, einem siebengeschossigen Bürobau sowie einem Wohnbau für Eigentumswohnungen mit Hafenblick.

Die besondere Lage verursachte jedoch auch besondere Herausforderungen: „So nah am offenen Wasser und an den Kaimauern zu bauen, zieht sehr hohe Erd- und Wasserdrücke nach sich“, erzählt Projektmanager Michael Stöckigt von der Strabag Real Estate GmbH, „zeitweise stand ein Teil der Baugrube unter Wasser“. Und Ralf F. Bode, Geschäftsführer der atmosgrad GmbH und Auditor des Projekts, ergänzt: „Das Hochwasserschutzkonzept und die Ausführung der Verglasung im Warftgeschoss, das bei Sturmflut auch mal unter Wasser sein würde, war sehr anspruchsvoll.“

Gebäude auf Federn in der Hafencity

Eine weitere Besonderheit: 15 m unter dem Wohngebäude verläuft die Hamburger U-Bahn-Linie 4. „Den sekundären Luftschall der Bahnen hätten die Bewohner ohne zusätzliche und besondere Baumaßnahmen gespürt und gehört“, sagt Stöckigt, „das musste verhindert werden.“ Um die Wohnungen schall- und schwingungsfrei zu halten, wurde das Gebäude daher über dem Erdgeschoss vom darunter liegenden Rest abgetrennt und auf über 200 Federelemente gesetzt. Diese verhindern die Übertragung. „Das war spannend und neu – so etwas haben wir noch nie geplant!“, sagt Architekt Störmer. Das gleiche Verfahren wurde auch beim Konzertsaal der ca. 1,5 km entfernten Elbphilharmonie angewandt.

Trotz den besonderen Anforderungen erzielte das Projekt eine DGNB Zertifizierung in Gold. Höchste Anforderungen an Baumaterialien hinsichtlich der Umweltverträglichkeit, ein hohes Maß an Flexibilität in der Raumnutzung, viel Licht im Gebäude und eine abwechslungsreiche Gestaltung der Frei- und Außenräume verschafften dem „Quartier im Quartier“ eine sehr gute Gesamtperformance.

  • © Jochen Stüber Hamburg

Keramik als nachhaltiger Baustoff

Besonders hochwertig ist die Gebäudehülle. Neben eher technischen Aspekten wie der Sonnenschutzverglasung und dem sehr guten Wärmedurchgangskoeffizienten überzeugt die Fassade vor allem durch eine eigene Ästhetik. Das Material, weiß glasierte Keramikelemente, verbindet die drei Baukörper und betont die Ensemblekonstellation. Die doppelte Brennung macht die verwendete Keramik äußerst robust, die Oberfläche ist witterungsbeständig, ohne dass sie besonderer Pflege bedarf. Für die weiße Farbe hat sich Störmer dabei bewusst entschieden: „Wenn ich an Maritimes denke, kommt mir als erstes Weiß in den Sinn – die Farbe der Kreuzfahrtschiffe, der Möwen, der Kapitänshemden.“

Läuft Störmer heute durch das Quartier, ist er jedes Mal aufs Neue von der Materialästhetik der Gebäudefassaden überzeugt. Dass er das Watermark in der Hansestadt entworfen hat, bestärkt ihn dabei nur noch mehr. „Kommende Projekte können sich gestalterisch etwas vom Watermark abschauen – zum Beispiel, dass man auch in Hamburg nicht immer mit Backstein bauen muss“, ist Störmer sich sicher.

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